Roland Berger-Studie Führung in Familienunternehmen
In der aktuellen Trendstudie „Führung in Familienunternehmen – Erfolgsfaktoren im magischen Dreieck“, welche im Mai 2014 erschienen ist, analysieren Experten von Roland Berger und Binz & Partner die besonderen Herausforderungen von Führung in Familienunternehmen. Neben Erfolgsfaktoren werden in der Studie auch drei Führungstypen identifiziert. Die Studie kommt ferner zu der Schlussfolgerung, dass hybride Gesellschaftsformen mit Familiengeschäftsführern und externen Managern besonders geeignet sind, die Herausforderungen von Familienunternehmen am besten zu meistern.
Familienunternehmen werden zu Recht als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Jedoch sind Firmen, die ausschließlich einer Familie gehören, mittlerweile die Ausnahme. Auch haben viele Firmen inzwischen eine Größe erreicht, die eine sinnvolle Abgrenzung zu anderen Unternehmensformen erschweren.
Die veränderten Besitzverhältnisse und die neuen Dimensionen bringen wiederum neue Herausforderungen mit sich: Oft gelingt es nicht, die Unternehmen in Eigenregie weiter zu leiten und die Anforderungen auf Familienmitglieder zu übertragen. Gerade in solchen Fällen besteht die Leistung darin, die richtigen Manager zu finden, die sich in das Konstrukt Familienunternehmen einfügen können und wollen.
Damit Familienunternehmen weiterhin erfolgreich auf dem Markt agieren können, müssen sie nach den Erkenntnissen der vorliegenden Studie drei Punkte zu einem „magischen Dreieck“ verbinden:
- Kontinuität in der Führung
- Optimale Einbindung der Familie
- Eine rechtzeitig eingeleiteter Nachfolgeprozess
Auf Basis von Interviews mit Inhabern und Geschäftsführern verschiedener Familienunternehmen schlussfolgern die Experten ferner, dass Unternehmen immer mehr als Leistungsorganisation und nicht als Erbengemeinschaft bewertet werden. Zudem erkennen immer mehr Firmen, dass es wegen der immer stärkeren Komplexität der Märkte oft einfacher ist, kompetente Fremdmanager zu bestimmen als einen Nachfolger innerhalb der Gründerfamilie zu finden.
Nach Meinung von Thomas Rinn, Partner bei Roland Berger, gibt es für Familienunternehmen die besten Entwicklungsmöglichkeiten, „wenn die Ziele und Werte der Eigentümerfamilien und die der angestellten Top-Manager in Einklang stehen."
Respektieren beide Seiten ihre Rollen gegenseitig, zeige sich die balancierte Führung durch Familie und Fremdmanagement als zukunftsträchtiges Management-Modell. Nach Auffassung von Oliver Knapp, ebenfalls Partner bei Roland Berger, liegt der „(…) Erfolg der Familienunternehmen (…) auch daran, dass ihr Führungsstil nicht mit dem Zeitgeist geht. Sie setzen eher bewusst auf eine Mischung aus Weitblick und konsequenter Wandlungsfähigkeit."
Daneben haben Familienunternehmen nach Auffassung der Studienautoren durch das Geflecht aus Familie, Vermögen und Unternehmertum ein großes Entwicklungspotenzial. Zugleich sehen sie sich aber auch besonderen Führungskonflikten ausgesetzt, die andere Firmen in dieser Form nicht kennen. Nach Auffassung von Prof. Dr. Mark Binz, Seniorpartner der Societät Binz & Partner ist es für den Erfolg von Familienunternehmen daher „(…) besonders wichtig, Macht und Verantwortung gesellschaftsrechtlich fair zu verteilen und zu legitimieren, um damit Gesellschafterkonflikten vorzubeugen“. Nach Auffassung der Autoren ist es daher auch nicht verwunderlich, dass die beliebteste Rechtsform für Familienunternehmen weiterhin die GmbH & Co. KG ist. Gerade diese Rechtsform ermöglicht nach Auffassung von Prof. Dr. Götz Freudenberg von Binz & Partner „eine einzigartige Kombination aus institutionalisierter Haftungsbeschränkung und Flexibilität im Steuer- und Gesellschaftsrecht“.
Bewährt hat sich zur Lösung bzw. zur Vorbeugung von Konflikten innerhalb von Familienunternehmen ferner die Installation eines des Aufsichtsgremiums. Dieses kann sowohl als Puffer als auch als Bindeglied zwischen Familie und der Geschäftsführung fungieren. Bei der Installation müsse aber laut Binz darauf geachtet werden, dass das Gremium nicht nach Zugehörigkeit zu Familienstämmen besetzt wird: "Die Erfahrung lehrt, dass das Stammesprinzip oft die eigentliche Ursache vielfältiger Gesellschafterkonflikte darstellt.“
Der Studie zufolge haben Familienmitglieder drei Möglichkeiten, Ihren Einfluss auf die Geschicke der Firma zu wahren: Sie können das Aufsichtsratsgremium von innen oder von außen steuern, den Vorstand direkt beeinflussen oder unmittelbar auf die Mitarbeiter einwirken.
Eine Konstellation, welche am besten geeignet erscheint, gibt es nicht. Die Möglichkeiten sind laut Studie vielfältig. Die Experten von Roland Berger und Binz & Partner haben drei Typen identifiziert:
- 1Abstinenzler: Sie glauben, dass Familienmitglieder nicht unbedingt operativ im Unternehmen tätig sein müssen, sondern eher im Aufsichtsrat oder Beirat. Die Familie soll auf keinen Fall bevorzugt werden, so wirkt die Firma attraktiver für externe Geschäftsführer.
- 2Absolutisten: Sie fordern, dass an der obersten Führungsspitze stets Familienmitglieder stehen. Diese sollten sich allerdings in Führungspositionen außerhalb des Unternehmens schon bewährt haben. Weitere, gleichberechtigte Geschäftsführer sind wegen des Primates der Familie nicht vorgesehen.
- 3Optimisten: Sie sind der Meinung, dass Familienmitglieder jede Position im Unternehmen besetzen können und auch sollten, sofern sie fachlich qualifiziert sind. Grundsätzlich sind sie toleranter gegenüber der jüngeren Generation, der sie erlauben, in eine Führungsrolle innerhalb des Familienunternehmens hineinzuwachsen.
Die Herausforderung für Familienunternehmen besteht laut Autoren darin, dass sich dynastische und unternehmerische Ziele oft vermischen: Im besten Fall beflügeln sie sich untereinander, im schlimmsten Fall verlaufen sie jedoch diametral. Prof. Dr. Mark Binz ist daher überzeugt, dass das Modell balancierter Führung maßgeschneidert sein muss: „Es gibt für Familienunternehmen kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ und daher auch keinen Königsweg. Insbesondere können bewährte Führungsmodelle nicht unbesehen von einem auf das andere Familienunternehmen übertragen werden."
Thomas Rinn rät daher allen Familienunternehmen: "Um das richtige Führungsmodell für sich zu identifizieren, sollte der Gründergeist in konkrete Werte übersetzt und immer wieder aktualisiert werden."
Nur dann hätten Familienunternehmen eine Chance, am Markt langfristig zu bestehen.
Weitere Informationen zur Studie finden Sie auf den Seiten von Roland Berger.