Aktuelle Trends in der Beratung des öffentlichen Sektors Interview mit: Daniel Eggerding, BSL Managementberatung GmbH
Der öffentliche Sektor bietet aufgrund seiner immer komplexer werdenden Aufgaben ein breites Betätigungsfeld für Berater. Wie der Markt aussieht, welche aktuellen Trends zu beobachten sind und was Berater für den öffentlichen Sektor auszeichnet, darüber sprach Daniel Eggerding, geschäftsführender Gesellschafter der BSL Managementberatung mit der ZUb-Redaktion.
ZUb-Redaktion: Herr Eggerding, Sie beraten den Bund, Länderministerien und Gebietskörperschaften. Worin sehen Sie trotz dieser unterschiedlichen Aufgabenstellungen den gemeinsamen Nenner in der Beratung?
Eggerding: Eine jede Organisationseinheit, ob Bund, Land oder Kommunen – aber auch der Kirchen –, ist bestrebt, möglichst effiziente Verwaltungsstrukturen vorzuhalten. Dies ist erforderlich, da die zur Verfügung stehenden Ressourcen knapper werden. Die BSL Managementberatung unterstützt die öffentlichen Auftraggeber dabei, die daraus resultierenden organisatorischen Aufgabenstellungen erfolgreich zu meistern.
ZUb-Redaktion: Gibt es so etwas wie Trends bei den Beratungsthemen im öffentlichen Bereich?
Eggerding: Themen der klassischen Organisationsberatung sind gefragt. Aus meiner Sicht sind dennoch folgende Aspekte zu benennen:
Die mit der Schuldenbremse verbundenen Erfordernisse der Haushaltskonsolidierung (auf allen Ebenen).
Der zweite Punkt ist der demographische Wandel: Wie kann zukünftig qualifiziertes Personal für die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Hand gewonnen werden? Wie können – angesichts der demographischen Entwicklung – Verwaltungsstrukturen aufrechterhalten werden bzw. welche Änderungen sind hierzu notwendig.
Damit einhergehend ist auch die Frage verbunden, welche Dienstleistungen zukünftig noch selbst erbracht werden müssen bzw. von anderen privaten Anbietern – vielleicht – effizienter erledigt werden können: Stichwort Outsourcing.
Des Weiteren ist das Thema Risikomanagement mit Internen Kontrollstrukturen und –systemen zu nennen.
ZUb-Redaktion: Worin bestehen thematisch die Hauptunterschiede zwischen Bund, Ländern und Gemeinden?
Eggerding: Hauptunterschiede sind in den konkreten Aufgaben der Organisationseinheit und den damit verbundenen Problemstellungen zu sehen. Es ist auf allen Ebenen klassisches Beraterhandwerk gefragt.
ZUb-Redaktion: Sie haben sich bei BSL auf den öffentlichen Sektor spezialisiert. Was unterscheidet Sie vom „typischen“ Unternehmensberater, der ausschließlich in der Privatwirtschaft tätig ist?
Eggerding: Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass Berater, die im öffentlichen Bereich unterwegs sind, nach mittel- und langfristigen Lösungen für die Kunden suchen. Wir sind in Strukturen tätig, die gesetzt sind und behutsam in Richtung Zukunft verändert werden müssen. Ein Berater im öffentlichen Sektor muss ein hohes Maß an Verständnis für Verwaltungsstrukturen und die politischen Rahmenbedingungen haben. Darin unterscheiden sich vielleicht die Berater im privaten zu denen im öffentlichen Sektor.
ZUb-Redaktion: Die Bedingungen, unter denen ein Projekt im öffentlichen Sektor begleitet wird, unterscheiden sich oft grundlegend von denen in der Privatwirtschaft. Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptunterschiede?
Eggerding: Nachhaltige Veränderungen im öffentlichen Sektor können nur gelingen, wenn die Beschäftigten und die politischen Mandatsträger offensiv in die Erarbeitung der Ergebnisse eingebunden und Entscheidungen bzw. Veränderungsbedarfe transparent kommuniziert werden. Der Wandel kann nur unter den gegebenen personalwirtschaftlichen, personalvertretungsrechtlichen und politischen Rahmenbedingungen bewältigt werden. Das ist einer der Hauptunterschiede zwischen privatem und öffentlichem Sektor.
ZUb-Redaktion: Welche persönlichen Voraussetzungen muss ein Berater im öffentlichen Sektor mitbringen? Sind Politikwissenschaftler vielleicht hier im Vorteil?
Eggerding: Neben den klassischen Voraussetzungen, die ein jeder Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden abverlangt, muss der Berater bzw. die Beraterin empathisch, gut strukturiert und voller Leidenschaft für seine Mandanten und Aufgaben sein.
Die Frage nach dem Studium: Für mich ist der formale Abschluss gar nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist, dass ein Berater die Strukturen schnell versteht, sich schnell zurechtfindet und in der Lage ist, relevante Schwachpunkte zu identifizieren und darauf aufbauend Empfehlungen abzuleiten. Ein konkreter Abschluss ist nicht relevant. Daher haben Politikwissenschaftler die gleichen Startvoraussetzungen wie Betriebswirte. Mit anderen Worten: Die formale Qualifikation ist nicht so entscheidend. Für uns ist wichtig, dass in unserer Beratungsmannschaft unterschiedliche Qualifikationen vorhanden sind, da sich diese gegenseitig positiv beeinflussen.
ZUb-Redaktion: In der Öffentlichkeit werden Berater in Ministerien kritisch gesehen. Oft werden sie mit Lobbyisten in einen Topf geworfen. Was entgegnen Sie solchen Kritikern – wie sind Unternehmensberater in Ministerien zu rechtfertigen?
Eggerding: Ich kenne diese Kritik nicht. Lobbyisten und Berater unterscheiden sich fundamental. Lobbyisten stehen für Themen ein und suchen für diese Fürsprecher. Ein Berater ist daran interessiert Strukturen zu optimieren. Auf Grundlage seiner Analysen und Methoden werden Optimierungsansätze empfohlen. Sie sind unabhängig von irgendeinem zu verkaufenden Produkt. Wir sind ausschließlich an den Strukturen interessiert. Und die wollen wir optimieren!
ZUb-Redaktion: Einige Mitglieder der BSL-Unternehmensführung kommen aus der öffentlichen Verwaltung. Was ist vom umgekehrten Seitenwechsel zu halten – aus der Beratung in eine öffentliche Verwaltung: Stichwort Auftragsvergabe?
Eggerding: Verwaltungen können von den Kompetenzen der Berater profitieren. Wir als Beratungsunternehmen profitieren ja ebenfalls von den Kollegen, die Erfahrungen aus den Verwaltungen mitbringen.
Auch bei der Frage der Auftragsvergabe sehe ich keine Probleme, da es im öffentlichen Bereich ein transparentes Vergaberecht gibt und diese auf Wettbewerb ausgelegt ist. Dem müssen sich alle Unternehmen stellen. Wenn dies sichergestellt ist – und die öffentliche Hand hat die Pflicht zur Ausschreibung – dann steht einem Wechsel aus der Beratung hin zu einer Behörde aus meiner Sicht grundsätzlich nichts entgegen.
ZUb-Redaktion: In welchem Wettbewerbsumfeld bewegen Sie sich bei der Beratung des öffentlichen Sektors? Konkret: Wie viele Unternehmen stehen mit Ihnen im Wettbewerb – und wie beurteilen Sie die Honorarsituation?
Eggerding: Wir stehen aufgrund der öffentlichen Ausschreibungsverfahren in einem harten Wettbewerb, da wir – wie alle anderen Beratungsunternehmen auch – im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung immer ein Beratungsangebot mit Vorgehenskonzept vorlegen müssen. Das wirtschaftlichste Angebot bekommt den Zuschlag. Der Preisdruck ist insbesondere in der Kommunalverwaltung spürbar. Dass die Honorartagessätze im öffentlichen Sektor generell deutlich niedriger als in der Wirtschaft sind, ist kein Geheimnis.
ZUb-Redaktion: Wohin entwickelt sich nach Ihrer Einschätzung der Beratungsmarkt für öffentlich-rechtliche Institutionen und die Politik: Handelt es sich um einen Zukunftsmarkt – oder geht es eher um Konsolidierung?
Eggerding: Ich halte es für einen Zukunftsmarkt – ganz klar.
Hintergrundinformationen
Daniel Eggerding ist geschäftsführender Gesellschafter der BSL Managementberatung GmbH. Der Dipl.-Verwaltungswirt (FH) arbeitete bis 2007 beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz. Seit 2008 ist er als Berater für die BSL Managementberatung GmbH tätig. Im Jahr 2014 wurde er zum geschäftsführenden Gesellschafter der BSL Managementberatung GmbH ernannt.
Die BSL Managementberatung GmbH wurde 1991 gegründet. Seit der Gründung hat sich die Beratungsgesellschaft auf den öffentlichen Sektor konzentriert. Standorte sind Köln (Hauptsitz), Hamburg, Berlin und Wien.