McKinsey & Company-Studie: „E-Government in Deutschland - eine Bürgersperspektive“
Wie ist es um das Online-Angebot der deutschen Kommunen bestellt? Dieser Frage gingen die Experten der Unternehmensberatung McKinsey & Company nach. Ihr Urteil: Viel Informationen, aber nur wenig Interaktion. Am besten schneiden Berlin, Düsseldorf und Hamburg ab.
Laut den Ergebnissen der aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company sind die digitalen Angebote der deutschen Kommunen und Behörden nicht – oder kaum – auf die Bedürfnisse der Bürger und Unternehmen ausgerichtet. Zwar bieten viele Portale eine Fülle an Informationen – allerdings kaum Möglichkeiten, um Behördenangelegenheiten online zu erledigen. Untersucht wurden für die Studie insgesamt die Angebote von 10 Kommunen – die in der Vorstudie von 2012 am besten abschnitten. Die Angebote der Städte Berlin, Düsseldorf und Hamburg sind laut der Studie im Vergleich am besten ab – wenn auch nicht überragend.
So klafft selbst bei den Spitzenreitern „eine gewaltige Lücke zwischen dem Angebot und den Bedürfnissen der Bürger, wie Sebastian Muschter, Cho-Leister der deutschen Public Sector Practice von McKinsey, feststellt. Selbst simpelste Vorgänge, wie das Ändern der Steuerklasse, das Einholen einer Meldebestätigung oder die Namensänderung auf dem Ausweis erfordern immer noch den Gang zur Behörde: „Vielerorts laufen Behördengänge immer noch so ab wie vor 30 Jahren“, wie Muschter resümierend feststellt: „Sie enden an den Zuständigkeitsgrenzen der Behörden, auch wenn die Bedürfnisse darüber hinausreichen.
E-Government-Angebot in Deutschland ist weltweit nur Mittelmaß
Auch im internationalen Vergleich können deutsche Kommunen nicht überzeugen, wie der E-Government-Index der Vereinten Nationen zeigt: Nach Platz 12 im Jahr 2012 ist Deutschland zuletzt auf Platz 21 abgerutscht.
Der Vergleich wird umso dramatischer – oder sogar beschämend für den Hochtechnologiestandort Deutschland – wenn man sich die Beispiele aus den baltischen Staaten anschaut. Dort wird das Thema E-Government als Standortvorteil begriffen und dementsprechend massiv ausgebaut. Noch besser läuft es bei den Spitzenreitern des UN-Indexes in Südkorea, Australien und Singapur. In Deutschland dagegen ist es zum Teil kaum möglich, zeitnah einen Termin beim Bürgeramt zu bekommen, wie aktuell in Berlin. Hier müssen Bürger teilweise sechs Wochen auf einen Termin warten – so die aktuelle Situation in Berlin.
Deutschland will aufholen
Zumindest hat die deutsche Politik das Problem erkannt und versucht den Anschluss an die E-Government-Spitze nicht zu verlieren. So ist seit August 2013 ist das E-Government-Gesetz (E-GovG) in Kraft. Untermauert wird das Gesetz mit dem Grundsatzpapier „Digitale Verwaltung 2020“ und der viel zitierten Gesamtstrategie „Digitale Agenda 2014-2017“. Doch, wie schnell hier Erfolge zu erwarten sind, bleibt abzuwarten. Bereits in der nationalen E-Government-Strategie aus dem Jahr 2010 hieß es, dass Deutschland im Jahr 2015 – also dieses Jahr – einen europäischen Spitzenplatz haben wird. Hiervon ist – wie die Studienautoren von McKinsey anmerken ¬¬ – noch weit entfernt!
Als ein Hauptproblem haben die Autoren eine Art „Kleinämterrei“ in Sachen E-Government ausgemacht. So werden E-Government-Lösungen auch heute noch aus Sicht der Behörden und ihrer Strukturen geplant. Jede Behörde, so der Eindruck der Studienautoren, scheint „ihr eigenes digitales Süppchen zu kochen und ihre Aufgabe vor allem darin zu sehen, das eigene Angebot online zu stellen, ganz nach dem Motto: Das wird der Bürger schon finden“. Die Integration, so die Kritik, „bleibt aus“.
Das digitale Leben der Bürger – und die Realität auf dem Amt
Konkret haben die Studienautoren sechs Ereignisse im Leben eines Bürgers untersucht, die eine Interaktion Amt-Bürger bedingen: (1) Geburt eines Kindes, (2) Übergang von Schule in den Beruf, (3) Eheschließung/Verpartnerung, (4) Gründung eines Unternehmens, (5) Jobverlust, - suche und -wiederaufnahme, (6) Todesfall in der Familie.
Am geringsten waren die Probleme bei der Gründung eines Unternehmens – und zwar in allen untersuchten Städten. Der Grund hierfür: Kommunen sind aufgrund der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) verpflichtet, alle zur Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Verfahren und Maßnahmen online und über einen einzigen Kontaktpunkt anzubieten.
In den Augen von Muschter zeigt dieses Beispiel, „wie wichtig gesetzliche Vorgaben sind, um durchgängige Angebote unabhängig von Behördengrenzen zu schaffen.
Konkret fordern die Berater von McKinsey daher den Gesetzgeber auf, mehr „Leuchtturmprojekte“ in Sachen Online-Services auf den Weg zu bringen. Dabei bedarf es noch nicht einmal neue Gesetze oder Richtlinien. Es würde, so Muschter, schon reichen, wenn bereits verabschiedete Gesetze und Richtlinien mit Leben gefüllt werden, wie z.B. die „Digitale Agenda 2014 – 2017“.
Darüber hinaus schlagen die Berater von McKinsey vor, sogenannte „Benchlearning“ einzusetzen, bei dem Städte gemeinsam E-Services entwickeln und diese dann später anderen Städte zur Verfügung stellen. Laut einer Studie der Kommunalen Geschäftsstelle für Verwaltungsmanagement könnten durch den Einsatz von E-Government-Systemen insgesamt rund 70 Prozent der Kernprozesse bei Städten und Gemeinden verbessert werden. Zudem könnten damit auch gut 20 bis 40 Prozent der Kosten gesenkt werden.
Nach Berechnungen des Normenkontrollrates beträgt der Investitionsaufwand für die Bundesverwaltung derzeit 630 Millionen Euro. Demgegenüber steht aber ein jährliches Einsparpotenzial von 930 Millionen Euro gegenüber.
„Der Aufbau von E-Government-Angeboten kostet viel Geld, rechnet sich aber in wenigen Jahren – und wird preiswerter, wenn nicht jede Kommune das Rad neu erfindet“, so abschließend Muschter zu den Studienergebnissen.
Weitere Informationen sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie finden Sie auf den Seiten von McKinsey.