Bain-Studie: „Management Tools & Trends“
Nicht nur Unternehmensberater, sondern Manager weltweit sind auf der Suche nach neuen Werkzeugen, um der Komplexität der heutigen Zeit adäquat zu begegnen, so die aktuelle Bain-Studie Management Tools & Trends“.
Die Digitalisierung hinterlässt ihre Spuren – auch in den Werkzeugkästen der Manager. Das ist nicht verwunderlich, blickt man auf die aktuellen Herausforderungen – vor allem durch die Digitalisierung, die Unternehmen weltweit zu bewältigen haben.
Herausforderung Digitalisierung
Ganz oben auf der Agenda steht ganz grundlegend die Zunahme an Komplexität: Fast 70 Prozent der europäischen Führungskräfte erwarten, dass steigende Komplexität höhere Kosten verursacht und das Wachstum ihres Unternehmens bremst. Auch das Thema Cyber-Kriminalität beschäftigt Führungskräfte weltweit. Hier befürchten knapp 50 Prozent der Manager, dass sensible Kundendaten in die Hände von Hackern gelangen können. In Asien sind sogar knapp zwei Drittel der Befragten diesbezüglich beunruhigt, in Nordamerika sechs von zehn.
Nicht zuletzt die wachsende Sensibilität in Bezug auf Datensicherheit führt zu steigenden IT-Kosten. 56 Prozent der europäischen Führungskräfte glauben, dass die Kosten für Informationstechnologie in den kommenden drei Jahren steigen müssen, damit ihre Organisation wettbewerbsfähig bleibt. 40 Prozent sind der Ansicht, dass ihre vorhandene, oftmals veraltete IT-Infrastruktur das Wachstum ihrer Unternehmen bremst. In Deutschland sind nur 29 Prozent dieser Auffassung.
Eine weitere Folge der Digitalisierung der Welt ist die sinkende Kundenloyalität. Die Markentreue der Kunden sinkt – bis auf wenige Ausnahmen – rapide. Sechs von zehn Managern glauben, dass diese abnimmt. In Deutschland gehen sogar 50 Prozent davon aus, dass die Kundenloyalität abnimmt.
Die Wahl adäquater Managementtools wird somit zu einer Überlebensfrage für die Unternehmen.
Problem erkannt – aber nicht richtig gelöst
Die Frage, die die Unternehmensberatung Bain in diesem Jahr über 1.000 Top-Managern aus Unternehmen aller Größen in Europa, Nordamerika, Lateinamerika gestellt hat, war, welche Tools sie anwenden, um den oben beschriebenen Herausforderungen zu begegnen. Hier der Blick in die Werkzeugkisten:
Laut der Studie dominieren in Europas Führungsetagen nach wie vor noch klassische Managementmethoden wie Kundenmanagement, Benchmarking, Balanced Scorecard oder Outsourcing – wobei in Sachen Verlagerung in vielen Unternehmen zunehmend Ernüchterung einkehrt. Zwar würden Unternehmen mit viel Optimismus in Outsourcing-Projekte starten; dieser verfliege aber mit der Zeit recht schnell, so Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain & Company. Es sei eben nicht einfach, „die richtigen Service-Level-Vereinbarungen zu definieren und die sich im Zeitverlauf verändernden Anforderungen anzupassen“, so Sinn weiter.
Moderne Tools wie Zero-Base-Budgetierung und disruptive Innovationslabore kommen laut Einschätzung von Bain noch zu selten zum Einsatz.
Bezogen auf Deutschland ergibt sich folgendes Ranking: Kundenmanagement, Outsourcing und Benchmarking werden am häufigsten genutzt, wohingegen Klassiker der strategischen Planung wie die Verbesserung interner Prozesse (Business Process Reengineering) und Szenarioplanung selten Anwendung finden. Auch moderne Techniken wie Big-Data-Analyse und digitale Transformation finden sich noch zu selten in den Werkzeugkisten deutscher Manager. Die Studie zeigt daher den „Aufholbedarf der deutschen Unternehmen hinsichtlich Analyse- und Digitalisierungswerkzeugen“. Allerdings, so Sinn weiter, habe das Thema inzwischen eine hohe Priorität in den Unternehmen.
Auch interessant: Insgesamt konnten die Bain-Berater feststellen, dass die Zahl der eingesetzten Managementmethoden im Vergleich zur Vorstudie aus dem Jahr 2012 leicht abgenommen hat, von 6,8 auf 6,6. Französische Manager nutzen zudem im Vergleich die wenigsten Tools (5,1), gefolgt von Deutschland mit 6. Auch konnten die Studienautoren einen Unterschied hinsichtlich der Firmengröße aus den Daten lesen: Größere Unternehmen verwenden demnach mehr Instrumente als deren kleinere und mittelgroße Mitbewerber – wobei in mittelgroßen Unternehmen die Anzahl zunimmt.
Zufriedenheit unterscheidet sich je nach Weltregion
Die Studie fragte auch danach, wie Manager die eingesetzten Tools persönlich bewerten. Am zufriedensten sind Führungskräfte in Asien, gefolgt von den europäischen und nordamerikanischen Kollegen. Die hohe Zufriedenheit der Manager aus Asien erklären die Studienautoren damit, dass die Unternehmen aus den etablierten Volkswirtschaften weniger auf aggressives Wachstum aus sind als die asiatischen Kollegen.
Die größte Zustimmung unter europäischen Führungskräften erzielen – wenn sie denn eingesetzt werden – disruptive Innovationslabore, Kundensegmentierung, strategische Planung und Mitarbeiterbefragung.
Komplexitätsmanagement wird zu wenig genutzt
Nach Auffassung der Bain-Berater wird das Tool Komplexitätsmanagement immer noch zu selten verwendet, obwohl vor allem die europäischen Führungskräfte die wachsende Komplexität als eines der größten Herausforderungen erkannt haben. Anstatt aber auf neue Techniken wie etwa der Big-Data-Analyse zurückzugreifen, verlassen sich die Manager in Europa nach wie vor auf altbewährte Tools wie Benchmarking oder die Mitarbeiterbefragung. Die Kollegen aus den Schwellenländern zeigen sich hier offener, so die Studie.
Umsatzwachstum
Der Einsatz bestimmter Managementtools unterliegt zudem einem gewissen Lebenszyklus – so die Studie. Während die Nutzung von Kundenmanagement und Benchmarking in Europa konstant bleibe, wird Qualitätsmanagement heute weit weniger verwendet als noch vor 20 Jahren. Für 45 Prozent der befragten europäischen Führungskräfte steht in den kommenden Jahren das Thema Umsatzwachstum und nicht mehr das Thema Kostensenkung im Mittelpunkt. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Managementtools wieder. Methoden wie die Big-Data-Analyse, mit deren Hilfe Unternehmen die Kundensegmente besser verstehen können, werden weiter an Bedeutung gewinnen. Für Deutschland prognostizieren die Bain-Berater zudem, dass Szenario- und strategische Planung sowie die Zero-Base-Budgetierung in Zukunft eine größere Rolle spielen werden.
Über die Studie
Bereits zum 14. Mal veröffentlicht Bain & Company die weltweit umfangreichste Analyse der international dominierenden Managementinstrumente. Seit Erscheinen der ersten Studie „Management Tools & Trends“ im Jahr 1993 hat Bain mehr als 13.000 Führungskräfte befragt. Allein für die diesjährige Ausgabe standen über 1.000 Top-Manager aus Unternehmen aller Größen in Europa, Nordamerika, Lateinamerika und Asien Rede und Antwort. Die Studie kann unter folgendem Link angefordert werden: http://www.bain.de/publikationen/articles/managementinstrumente-und-trends-2015.aspx