Steuererlass im Sanierungsfall: Gewerbesteuererlass jetzt auch über das Finanzamt ?
Forderungsverzichte der Gläubiger führen zu steuerpflichtigen Sanierungsgewinnen, die wiederum die Liquidität belasten. Eine neue Regelung schafft Erleichterung im Handling der Anträge auf abweichende Festsetzung.
1 Einleitung
Eine Möglichkeit, einem Unternehmen aus der Krise zu verhelfen, ist der Forderungsverzicht der Gläubiger. Dadurch entsteht regelmäßig ein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn. Dieser führt dann meistens zu neuen Problemen. Gemäß dem BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003 (Sanierungserlass), kann die Steuererhebung auf Antrag (§ 163 AO) abweichend festgesetzt werden, sofern diese für den Steuerpflichtigen eine besondere Härte darstellt. Liegen die Voraussetzungen aus dem Sanierungserlass vor, müssen die Finanzämter Billigkeitsmaßnahmen, wie Stundung oder Erlass gewähren. Das Ermessen reduziert sich insofern auf Null.
2 Sanierungserlass
Voraussetzung für die Anwendung des Sanierungserlasses ist, dass die Sanierung eine Maßnahme sein soll, die darauf gerichtet ist ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Diese Maßnahmen können sowohl außerhalb der Insolvenz als auch innerhalb der Insolvenz getroffen werden. Für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachzuweisen. Diese Voraussetzungen liegen sowohl bei einem Sanierungskonzept als auch bei einem Insolvenzplan vor.
3 Gewerbesteuer
Für die gewerbesteuerlichen Auswirkungen regelt der Sanierungserlass die Zuständigkeit der jeweiligen Gemeinde. Daher sahen die Finanzämter bisher für sich nur eine Berechtigung hinsichtlich des Erlasses von Einkommen- und Körperschaftsteuer auf den Sanierungsgewinn nach Verrechnung mit Verlustvorträgen. Problematisch wird es jedoch bei der Gewerbesteuer. In diesem Bereich sind die Finanzämter lediglich bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages eingebunden. Die Erhebung der Gewerbesteuer fällt in die Kompetenz der einzelnen Gemeinden, welche die Gewerbesteuer unter Berücksichtigung der verschiedenen Hebesätze in den Gemeinden festsetzen. Sofern ein Unternehmen mehrere Betriebsstätten unterhält, kommt erschwerend hinzu, dass mit verschiedenen Gemeinden verhandelt werden muss. Die Entscheidungen der Finanzämter hinsichtlich des Erlasses von Einkommen- und Körperschaftsteuer ist für die Gemeinden nicht bindend. Auch ein Berufen auf den Sanierungserlass bleibt ohne Erfolg, da dieser für die Gemeinden nicht bindend ist.
4 Gesetzesänderung durch das ZollKodexAnpg
Durch die Erweiterung des § 184 (2) AO mit den Worten „…der obersten Bundesfinanzbehörde…“ sollten die Finanzämter nun berechtigt sein, abweichende Steuerfestsetzungen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Maßnahmen ab dem 01. 01. 2015 vorzunehmen. Der Sanierungserlass des BMF wurde als eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der obersten Bundesfinanzbehörde angesehen (s. z. B. Vogel/Schlüter, DB 2015 S. 344). Für die Berater war dies eine willkommene Deutung. Der Steuerpflichtige kann somit den Erlass sämtlicher Ertragsteuern von seinem Finanzamt erlangen.
5 OFD NRW
Die OFD NRW hat hierzu am 06. 02. 2015 eine Kurzinformation mit folgendem Inhalt herausgegeben. Die Änderung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO sei kein Grundlage zur Anwendung des Sanierungserlasses durch die Finanzämter im Bereich der Gewerbesteuer. Und zwar mit der Begründung, dass die Gesetzesänderung nicht auf die Stundung und den Erlass von Gewerbesteuer angewendet werden kann, da sich der § 184 AO generell nur auf das Festsetzungsverfahren und nicht auf das Erhebungsverfahren bezieht. Weiterhin bezieht sich die OFD NRW darauf, dass im letzten Absatz des Erlasses lediglich das gewerbesteuerliche Erhebungsverfahren angesprochen wird.
6 Ausblick
Liest man den Erlass, ergibt sich schnell, dass dieser die Ermittlung des ertragsteuerlichen Gewinns regelt. Dieser wiederum bildet die Basis für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages. Die Annahme, dass die Gewerbesteuer auch von den Finanzämtern erlassen werden kann, liegt also nahe. Ähnlich wie die OFD NRW hat sich zwischenzeitlich die OFD Frankfurt in einer Kurzinformation vom 07. 08. 2015 geäußert. Es bleibt nun abzuwarten, wie die anderen Bundesländer reagieren.
Wichtig wäre daher eine Klarstellung der Regelung durch das Bundesfinanzministerium.