McKinsey: „The Power of Parity“
Was bringt eigentlich Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt? Viel, um genau zu sein 12 Billionen US-Dollar, so die aktuelle McKinsey-Studie „The Power of Parity“.
Viel wird über die Wichtigkeit von Gleichberechtigung von Männern und Frauen gesprochen – und blickt man auf die vergangenen Jahrzehnte zurück, ist durchaus ein Fortschritt in Sachen Chancengleichheit zu erkennen. Doch wie hoch könnte das weltweite Wachstum ausfallen, wenn es keine sozialen und wirtschaftlichen Benachteiligungen von Frauen geben würde? Diese Frage stellte das McKinsey Global Institute (MGI). Anhand von 15 Indikatoren wurde in 95 Ländern der aktuelle Status der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt untersucht.
Das Ergebnis ist durchaus imposant: Bis 2025 könnte die weltweite Wirtschaftsleistung um 12 Billionen US-Dollar wachsen – in Deutschland beliefe sich die Steigerung des BIP auf ebenfalls beachtliche 430 Milliarden US-Dollar (390 Milliarden Euro). Die Bedingung: die Erwerbstätigenquote und die Anzahl der von Frauen geleisteten Arbeitsstunden müssten sich denen der Männer angleichen.
Um dieses Ziel zu erreichen, so die Studie, müssten allerdings die folgenden Problemfelder konsequent angegangen werden:
- die ungleichen Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt,
- die hohe Müttersterblichkeit,
- die rechtliche Benachteiligung von Frauen,
- das geringe politische Mitspracherecht,
- Gewalt gegen Frauen.
Großen Nachholbedarf identifiziert die Studie vor allem in Nordafrika, dem Mittleren Osten sowie in Südasien (40 von 95 Ländern). In diesen Ländern weisen mindestens der Hälfte der Indikatoren einen hohen bzw. sehr hohen Grad an Ungleichheit zwischen den Geschlechtern auf.
Auch in Westeuropa herrscht eine hohe Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt
In Westeuropa ist die Situation tendenziell besser. Untersucht wurde neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, die Niederlande, Schweden und Norwegen. Aber auch in diesen Ländern mit einem hohen Zugang für Frauen zu Grundversorgung und Bildung, finanzielle und digitale Integration, rechtlicher Schutz und politischer Mitsprache herrscht eine hohe bis sehr hohe Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in der Arbeitswelt.
In Deutschland identifiziert die Studie drei Handlungsschwerpunkte, um die Ungleichheit vor allem auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen.
- Besetzung von Führungspositionen
- Gehaltsunterschiede trotz gleicher Arbeit
- Unbezahlte Pflegearbeit, die meist von Frauen geleistet wird
Insgesamt erreicht Deutschland im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern damit Platz 5, hinter Norwegen, Schweden, den Niederlanden und Frankreich.
Frauen arbeiten oft ohne Bezahlung
Die Studie zeigt auch, dass Frauen häufig arbeiten, ohne entsprechend entlohnt zu werden. Das betrifft vor allem den Bereich der häuslichen Pflege von Familienangehörigen – ganz gleich in welchem der untersuchten Länder. Demnach werden 75 Prozent der unbezahlten Pflegearbeit von Frauen erledigt.
Sechs globale Handlungsempfehlungen
Auf Basis von 150 Praxisbeispielen hat das MGI sechs Handlungsempfehlungen erarbeitet, um die Benachteiligung von Frauen – vor allem in Entwicklungsländern – zu beseitigen.
- Finanzielle Anreize und Unterstützung: u. a. steuerliche Anreize für vollbeschäftigte Paare, staatlich subventionierte Kinderbetreuung, gezielte Investitionen in die Bildung von Mädchen
- Technologie und Infrastruktur: z. B. Errichtung von Schulen speziell für Mädchen und Ausbau der Sicherheit öffentlicher Transportmittel
- Entwicklungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt: u. a. Abbau von Barrieren, die Frauen daran hindern, Führungspositionen wahrzunehmen, Förderung von Vielfalt und entsprechenden Unternehmenskulturen
- Aufbau von spezifischen Fähigkeiten: z. B. durch Vermittlung von naturwissenschaftlichem Wissen und technischem Know-how an Mädchen, Sensibilisierung von Entscheidern für das Thema Diversität
- Öffentliche Meinung und Wahrnehmung: u. a. durch Dialogveranstaltungen zum Thema Gleichberechtigung und nationale Informationskampagnen gegen Benachteiligung
- Gesetzgebung und Regulierung: Förderung von Chancengleichheit durch verbesserte Rahmenbedingungen auf gesellschaftlicher und Unternehmensebene
Aus Sicht von Linda Dauritz, Partnerin bei McKinsey und Leiterin der Women Initiative von McKinsey Deutschland, beweist die Studie „den Zusammenhang zwischen Gleichberechtigung, die von der Gesellschaft getragen wird, und der Gleichberechtigung in der Arbeitswelt“. Eine hohe Gleichberechtigung in der Gesellschaft sei, so das Studienergebnis, in allen betrachteten Fällen die Grundlage für mehr Chancengleichheit in der Arbeitswelt.
Hintergrund zur Studie:
Die Studie „The Power of Parity“ ist Ergebnis der im Juli gegründeten Initiative „Chefsache. Wandel gestalten – für Frauen und Männer.“ Ziel der Initiative ist ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in Führungspositionen. Gründungsmitglieder sind neben McKinsey die Allianz, Bayer, Bosch, IBM, Siemens, Warema Renkhoff, die Caritas, das Fraunhofer Institut sowie das Bundesverteidigungsministerium.
Die gesamte Studie können Sie hier herunterladen.